Nach § 111 GWB hat der unterlegene Bieter ein Recht auf Einsicht in die Akten der Vergabestelle. Dieses Recht dient der
Transparenz des Vergabeverfahrens und der Durchsetzung der Rechte des Bieters im Nachprüfungsverfahren. Seinem Interesse steht jedoch das der konkurrierenden Bieter am Schutz vor einer Ausspähung ihrer
Geschäftsgeheimnissen gegenüber. Gibt es also bei dieser Gemengelage verschiedener Interessen bei einen offensichtlich unzulässigen Nachprüfungsantrags das Rechts auf Akteneinsicht ?
Der Vergabesenat des Bayerischen obersten Landgerichts mit Beschluss am 19.12.2000 entschied :
Weil der
Nachprüfungsantrag wegen bereits erfolgten Zuschlags von vornherein unzulässig gewesen sei, habe die Antragstellerin auch nicht mehr in zulässiger Weise zum Feststellungsverfahren übergehen können.
So ist ihr auch die gewünschte umfassende Akteneinsicht zu Recht versagt worden. Ein Akteneinsichtsrecht setze nämlich grundsätzlich voraus, dass überhaupt ein Vergabenachprüfungsverfahren
eröffnet sei; das aber sei hier nicht der Fall. Zwar sei das Akteneinsichtsrecht von grundlegender Bedeutung für die vom Gesetzgeber gewollte Transparenz des Vergabeverfahrens und die Durchsetzung der
Rechte unterlegender Bieter im Nachprüfungsverfahren. Dem sich daraus zwangsläufig ergebenden Interessenwiderstreit habe der Gesetzgeber durch eine abstrakte Wertung dieser Interessen mit der
differenzierten Regelung des § 111 GWB Rechnung getragen. Sei der Nachprüfungsantrag jedoch schon von vornherein unzulässig, so dass es zu einem Nachprüfungsverfahren gar nicht komme, könne
demjenigen, dem das Gesetz die Nachprüfung verwehre, auch keine Akteneinsicht gewährt werden - jedenfalls nicht in einem Umfang, der zur Beurteilung der Zulässigkeitsfrage nicht erforderlich sei. Da
sich im Streitfall die Unzulässigkeit bereits zwingend aus der Auftragserteilung ergeben habe, sei es völlig ausreichend gewesen, der Antragstellerin Einsicht nur insoweit zu gewähren, als dies zur
Beurteilung des Zeitpunktes und der Wirksamkeit des Vertragsabschlusses erforderlich gewesen sei. Diese Beschränkung sei auch dann berechtigt und geboten, wenn der Nachprüfungsantrag nicht schon nach
§ 110 Abs. 2 Satz 1 GWB vorab als "offensichtlich unzulässig" zurückgewiesen werde; jede Art der Unzulässigkeit, auch die erst später erkannte, stehe der Akteneinsicht entgegen.
Mit dieser Entscheidung wurde die herrschende Rechtssprechung bestätigt.
Die weitere Frage der Praxis, ob und inwieweit der einen unzulässigen Nachprüfungsantrag stellende Bieter vor der
Zuschlagserteilung Akteneinsicht verlangen kann, bleibt davon allerdings unberührt. Dennoch wird mittels eines unzulässigen Nachprüfungsantrages ein Einblick in die Angebote der Mitbewerber, mit
dieser Rechtsprechung, nicht zu bekommen sein.
mitgeteilt von RA Moritz am 03.03.2006 (Fachanwalt f. Verwaltungsrecht)
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